In den bestehenden Räumen fanden die vielfältigen Nutzungen keinen Platz mehr. Die evangelische Kirchengemeinde entschied sich zum Abbruch alter Gebäude und Neubau des Martin-Luther-Hauses.
Planungsleistung:
Vorentwurf, Kostenschätzung, Entwurf, Kostenberechnung, Genehmigungsplanung, Ausführungs- + Detailplanung, Ausschreibung, Vergabe, Kostenanschlag, Bauleitung, Aufmaß, Abnahmen, Rechnungsprüfung, Kostenkontrolle, Kostenfeststellung.
Planung der Außenanlagen, Entwässerungsplanung.
Der Neubau ersetzt ein baufälliges Haus und bildet das Gelenk zwischen dem vorhandenen Albert-Schweitzer-Saal und dem Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Der aus klar gegliederten Baukörpern zusammengefügte moderne Neubau hebt sich von den umgebenden Gebäuden am Rande des Stadtzentrums durch Holzschalung und Glasfassade ab. Die großzügige Verglasung sorgt für lichtdurchflutete Räume, die eine Vielzahl von Ausblicken, Durchblicken und Einblicken zulassen. Neben dem Foyer, das die verschiedenen Säle im Erdgeschoss erschließt, befinden sich im ersten Obergeschoss die Büros der Nachbarschaftshilfe, der Kircheverwaltung und eine Gemeindebücherei. Sichtbeton, weiße Decken und Wände, schwarze Betonwerksteinbeläge stehen im Kontrast zu Parkett und Einbauschränken.
Aus alt wird neu:
Die evangelische Kirchengemeinde Bad Mergentheim erkannte, dass eine Sanierung des vorhandenen Martin-Luther-Hauses weder die räumlich beengten Verhältnisse innerhalb noch außerhalb des Gebäudes lösen würde.
Die großen Risse in den Fassaden zeigten schon seit Jahren den dringenden Sanierungsbedarf des Martin-Luther-Hauses an.
Die gestiegenen Anforderungen an die Verwaltung der Kirchengemeinde erforderten eine Vielzahl von Büros.
Für zahlreiche Aktivitäten der Kirchengemeinde fehlten Säle in unterschiedlichen Größen.
Die Kirchengemeinde entschied sich für den Neubau, da das Gebäude sich nicht an die erforderlichen Entwicklungen anpassen ließ.
Städtebau:
Der Standort des evangelischen Gemeindezentrums in der 2. Reihe an der Härterichstraße liegt unmittelbar vor der alten Stadtmauer. Im östlichen Grundstücksteil begrenzt diese Stadtmauer das Grundstück der Kirchengemeinde zum Schloss und zur Innenstadt.
Die Umgebung ist sehr unterschiedlich bebaut. Ein Pavillon mit einem Schnellimbiss am Bahnübergang wechselt mit den unterschiedlichen Gebäudeformen von 2 und 3-geschossige Wohn- und Geschäftshäusern, Lagergebäuden bis hin zum 5-geschossigen Bankgebäude ab. Auf der Südseite erstreckt sich eine Grünfläche von der Härterichstraße bis zur Stadtmauer. Unter den vorhandenen großen Bäumen werden bei Gemeindefesten Zelte aufgestellt.
Mit dem Neubau bot sich die Gelegenheit, die Verkehrserschließung des Grundstücks zu verbessern und die städtebauliche Situation zu ordnen.
Ein- und Ausfahrt, PKW-Stellplätze und die Zugänge zu den verschieden genutzten Gebäuden wurden neu gestaltet.
Der Abbruch des alten Martin-Luther-Hauses einschließlich bestehendem Verbindungsgang zum Albert-Schweitzer-Haus ließ kurzfristig einen geräumigen Innenhof entstehen.
Der Neubau wurde so angeordnet, dass sich in seiner Umgebung unterschiedlich große Höfe bildeten. Die sehr enge Zufahrt zum Pfarrhaus im östlichen Grundstücksbereich wurde aufgeweitet.
Im Schnittpunkt der Hauptachsen der vorhandenen Bebauung wurde der Neubau als verbindendes Gelenk zwischen Albert-Schweitzer-Saal und Dietrich-Bonhoeffer-Haus eingefügt.
Die leicht gestaffelte Anordnung lässt den Neubau in der Bahnhofstraße hinter dem Dietrich-Bonhoeffer-Haus erkennen und ermöglicht es, den Eingang zu den Gemeindesälen und zur Verwaltung auch „in der zweiten Reihe“ zu finden.
Der verbleibende Freiraum erhält den großzügigen Gartenbereich auf der Südseite und schafft in den verschiedenen Höfen zwischen Ein- und Ausfahrt die notwendige Zahl an PKW-Stellplätzen. Die geräumigen Parkplätze für Schwerbehinderte stehen bei Nichtbenutzung als zusätzliche Freifläche zur Verfügung.
Entwurf:
Aus der Vorstellung, dass der Neubau nicht nur städtebaulich die unterschiedlichen Gebäuderichtungen verbindet, sondern als Gemeindehaus auch Menschen verbinden soll, wurde die Gebäudestruktur aus unterschiedlich gestaffelten Kuben entwickelt.
Zwei verschieden hohe Gebäudeteile wurden in der Gelenkachse durch einen 3. Baukörper verbunden, der als Treppenhaus dient und den Aufzug beinhaltet.
Der Neubau schließt mit einem niedrigen eingeschossigen Zwischenbau an das vorhandene Albert-Schweitzer-Haus an und bewahrt ihm so seine Eigenständigkeit.
In allen Ebenen öffnen sich die Räume zur Grünfläche auf der Südseite.
Im Erdgeschoss befindet sich, geschützt unter dem auskragenden Obergeschoss, der Eingang ins Gemeindezentrum.
Das Foyer verbindet die neuen kleineren Säle mit dem vorhandenen großen Veranstaltungssaal (Albert-Schweitzer-Saal) und bietet Platz für Ausstellungen und Gespräche vor und nach Veranstaltungen. Verschiedenartige Plätze regen zur Kommunikation an.
Diese Verkehrsfläche dient neben der reinen Erschließung auch als Wartebereich für Besucher.
Die verglaste Südseite stellt in jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter die Verbindung von innen und außen her.
Der Sitzungssaal des Kirchengemeinderates kann bei Veranstaltungen vielfältig genutzt werden. In Verbindung mit der Theke kann er sowohl als Garderobenraum, als auch als Lager und Vorbereitungsraum für die Ausgabe von Speisen, Kuchen und Getränke dienen.
Stuhllager und behindertengerechtes WC wurden zentral angeordnet, um weite Wege zu vermeiden.
Der größere der neuen Säle ist der Martin-Luther-Saal. Bereits vor d
em Betreten des Gebäudes kann der Besucher hineinsehen. Die großzügigen Fassadenverglasungen ermöglichen im öffentlichen Bereich des Gebäudes neben Ein- und Ausblicken auch Durchblicke in den Garten.
Der Aufzug und das Treppenhaus übernehmen die Aufgabe alle Geschoss miteinander rollstuhlgerecht zu verbinden. Sie bilden die Gelenkachse, in der sich die beiden Gebäuderichtungen treffen.
Im Untergeschoss wurden neben Abstell- und Lagerräumen die WC-Anlagen, Hausanschlussräume und ein Wickelraum untergebracht.
Im 1. Obergeschoss arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in lichtdurchfluteten Büros. Kirchenpflege, Kirchenregisteramt, Gemeindebücherei, Kirchenmusiker und Nachbarschaftshilfe erreicht der Besucher über einen kurzen hellen Flur.
Durch die verschiedenen Winkel öffnet sich der Baukörper in der Mitte. Ein Besprechungsraum wurde im Eingangsbereich des 1. Geschosses mit einer Glaswand vom Flur getrennt, um das natürliche Licht weit ins Gebäude eindringen zu lassen. Mitarbeiter-WCs, ein Technikraum für Kopierer und EDV ergänzen hier zusammen mit der Teeküche das Raumangebot.
Im 2. Obergeschoss wurde ein multifunktionaler Raum geschaffen. Der große Raum soll zunächst von diversen Gruppen der Kirchengemeinde genutzt werden. Später kann hier bei Bedarf die Bürofläche erweitert oder eine Wohnung eingebaut werden.
Die Dachterrasse gibt den Blick über die extensiv begrünten Flachdächer des Neubaus auf die umgebende Bebauung und die großen innenstädtischen Grünflächen frei.
Trotz der Lage mitten in der Stadt kann man von hier aus den Lauf der Jahreszeiten mit
ihrem Farbenspiel auf den umgebenden Hängen verfolgen.
Gestaltung:
Ergänzung und Verbindung, Offenheit, Klarheit, Geradlinigkeit, Einfachheit, Transparenz, Wärme und Geborgenheit waren unsere Leitmotive, die wir bei der Anordnung der Baukörper, der Ausformung der Grundrisse, der Materialwahl und der Farbgebung zu Grunde legten. Neben den Proportionen der Baukörper, Höfe und Räume waren uns Blickbeziehungen, natürliches Licht und die Qualität der Materialien wichtig.
Die Fassaden führen die Klarheit der Baukörper fort. Geschlossene und verglaste Bereiche wechseln ab. Der Gegensatz von verputzten Fassadenflächen, Glasflächen und Douglasieholzschalung vermittelt Offenheit, Wärme und Geborgenheit. Die kräftige ziegelfarbene Fassade verbindet den Neubau mit der umgebenden Bebauung. Vielfalt und Gegensätze der Kirchengemeinde spiegeln sich hier wieder.
Im Inneren des Gebäudes ist die Farbgebung wesentlich zurückhaltender. Weiße Trennwände korrespondieren mit rohen Sichtbetonwänden und schwarzem Betonwerkstein. Besucher, Bilder und Skulpturen rücken in diesen Räumen in den Vordergrund. Der Farbton des Eiche Industrie-Parketts strahlt Wärme und Geborgenheit aus. Die bewusste Beschränkung auf wenige Materialien und Farben unterstreicht die Klarheit, Geradlinigkeit und Einfachheit.
Ökologie:
Die Kirchengemeinde bewies 2004 ökologische Weitsicht, als sie sich unter dem Gesichtspunkt der Bewahrung der Schöpfung zu weitreichenden Wärmedämmmaßnahmen entschied.
Der Energieverbrauch des Neubaus liegt 10 % unter den zulässigen Werten der neuesten Energieeinsparverordnung. Dies hatte auch zur Folge, dass die vorhandene Heizung, nur mit einem neuen Brenner ausgestattet, das ganze Gemeindezentrum beheizen kann.
Es konnte auf eine neue Heizungsanlage verzichtet werden.
Auf eine Behandlung der Douglasie-Holzschalung wurde verzichtet. Sie wird in den nächsten Jahren altern und mit der Zeit in Würde ergrauen. Es war mutig, dass die Bauherrschaft sich auf diese Veränderung des Erscheinungsbildes des Baukörpers, die mit dem Ergrauen einhergeht, eingelassen hat.
Die Fachingenieure wurden sehr bald in die Planung mit einbezogen, um alle Kosteneinsparpotentiale frühzeitig zu nutzen.
Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Bauherr, Architekt, den Fachingenieuren und allen Handwerkern ermöglichte erst die Realisierung unseres Entwurfes.
Die Bereitschaft aller Beteiligten zu höchster Qualität der Leistung trotz niedrigster Preise war ausschlaggebend dafür, dass diese Baumaßnahme zur großen Zufriedenheit der Bauherrschaft abgeschlossen werden konnte.
Als Architekt hoffe ich, dass die Kirchengemeinde dieses Gebäude annimmt und sich im Laufe der Zeit mit ihm identifizieren kann.